Kommunikationsdesign

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Koexistenz des Fremden

Oktober 2018 – Januar 2019
Raumkonzept, Audio Design
In Zusammenarbeit mit Isabell Henninger & Dominika Radon

Während des Events »GX7M+5R« setzte sich unsere Kleingruppe mit den Altlasten des Veringkanals im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg auseinander.

Der ehemalige Industriekanal wurde von der Behörde für Umwelt und Energie im Jahr 2007 durch eine Machbarkeitsstudie im Hinblick auf Sanierungsmaßnahmen untersucht. Hier wurde nachgewiesen, dass der Schlick nahezu durchgängig stark mit Kohlenwasserstoffen, sowie Schwermetallen und Arsen belastet ist. Werden diese Sedimente aufgewirbelt, treten die Schadstoffe als Leichtstoffe aus, wodurch auch im Wasser mit erhöhten Konzentrationen zu rechnen ist. Schon im derzeitigen Zustand sind Austritte von organischen Schadstoffen als punktuell aufschwimmende Ölschlieren zu beobachten. Bei einem direkten Kontakt kann eine Gefährdung von Mensch, Tier und Umwelt nicht ausgeschlossen werden. Trotz dieser durchaus beunruhigenden Ergebnisse wurde eine Sanierung des Veringkanals aus finanziellen Gründen nicht umgesetzt. Der Zustand des Kanals hat sich demnach bis heute nicht verändert. Trotzdem findet diese Tatsache wenig Beachtung unter den Anwohner*innen im Viertel, Warn- oder Hinweisschilder sucht man entlang des Ufers, welches als Spazier- oder Fahrradweg sowie für Kinderspiel- und Freizeitplätze genutzt wird, vergeblich.

Tatsächlich findet eine sensorische Wahrnehmung der Verunreinigung des Veringkanals aufgrund seiner ansprechenden Außenform nicht statt und bleibt in der Unbekanntheit verborgen. Es ist diese Koexistenz mit dem Fremden, die uns in unserem Projekt beschäftigt hat und auf die wir aufmerksam machen wollten.
Dazu entwickelten wir einen Erfahrungsraum, der einen Perspektivwechsel in das Innere des Kanals ermöglicht. Durch Sediment (aus aufgeschüttetem Sand und Steinen) und einer Wasseroberfläche (aus einer Lichtprojektion an der Decke des Kubus), bildeten wir den Kanal installativ nach. Es entstand das räumliche Gefühl sich unter Wasser, also im Kanal selbst, zu befinden. Im Inneren machten wir die Schwermetalle optisch und haptisch erfahrbar, indem wir ein Universum der Stoffe aus Nachbildungen erschufen, die sich im Kanal nur in gelöster Form befinden. Durch die Verfremdung der Betrachtungsweise sollte Irritation und gleichzeitig Begeisterung hervorgerufen werden. Die Faszination des Bösen war hierbei unser Stilmittel, welches durch seine beschwörende Atmosphäre die Absurdität der Situation direkt erfahrbar machte. Akustische Informationen über die Belastungen des Sediments, die sich auf einer emotionalen und einer sachlichen Ebene abspielten, vollendeten diese Assoziation. Der Interpretationsraum, der so geschaffen wurde, gewährleistete ein individuelles Erlebnis unserer Inszenierung.

Wir setzten bei unserem Projekt die These voraus, dass jede*r einen direkten Berührungspunkt mit einem Problem benötiget, um die Relevanz der Debatte zu erkennen. Unser Ziel war es demnach, bei den Besucher*innen eine persönliche Verbindung über die Erfahrung zu dem Problem der Umweltbelastung aufzubauen, sodass sie sich auch zukünftig damit auseinandersetzen. Die Belastung des Veringkanals stellt eine vergleichsweise kleine anthropogen-verschuldete Umweltschädigung dar und sollte den Missstand, als lokal relevantes Beispiel für die Besucher*innen, verdeutlichen.